Plockhorst – Bekämpfung der Blaualgen

Den Blaualgen entgegenwirken

Im Oktober 2021 sahen wir uns gezwungen, bedingt durch extreme Blaualgenteppiche einen Warnhinweis zur Nutzung des Plockhorster Sees auszusprechen.

Hintergrund

Bedingt durch die länger anhaltende, warme Wetterlage und möglicherweise von extern eingebrachten, übermässigen Nährstoffen haben sich die Blaualgen im Gewässer schlagartig und erheblich ausgebreitet. Blaualgen (eigentlich Cyanobakterien) werden aufgrund ihres Organisationstyps den Bakterien, bzw. den prokaryotischen Algen zugeordnet. Ein Teil der Bakterien bildet Gifte, die Einfluß auf die Gesundheit von Mensch und warmblütigen Tieren haben. Je mehr Blaualgen auftreten, umso gefährlicher ist der Kontakt bzw. die Aufnahme dieser.

Die massenhafte Ausbreitung der Blaualgen wird durch Sonnenlicht, Wärme und vor allem durch einen erhöhten Nährstoffgehalt im Gewässer begünstigt. Nach dem Absterben sinken die Blaualgen auf den Seegrund und werden unter Sauerstoffverbrauch von Organismen abgebaut. Dies führt zu Fäulnisprozessen und einem Sauerstoffmangel im Gewässer.

Um diesen natürlichen Prozessen entgegenzuwirken, kann man sich nur auf die Suche nach übermässig eingebrachten Nährstoffen machen und diese Ursache möglichst eindämmen und/oder parallel für einen höheren Sauerstoffgehalt im Gewässer sorgen. Dies stellt sich bei Seen allerdings als sehr schwierig heraus, da ein enormer technischer Aufwand für Abhilfe notwendig ist.

Nach Kontakten und Rücksprachen mit einigen Fachleuten der Jade-Universität in Wilhelmshafen und befreundeten Angelvereinen mit gleichen Problemen, kristallisierte sich eine bezahlbare, von Vereinsmitgliedern umsetzbare und biologisch einwandfreie Lösung heraus. 

Das Wasser eines Sees wird bei dieser Methode mit einer verfahrenstechnisch klassischen Rührtechnik durchmischt, um die Schichtung des Wassers zu beseitigen

Kurzform

Vorhang Bild ThumbEs wird der See im Vorfeld in Abständen hinsichtlich Temperatur und Sauerstoffgehalt vermessen, um die Schichtung des Wassers festzustellen und dann an derVorhang Bilder und Skizze Thumb optimalen Position einen Vorhang einbringen zu können, damit eine Sprungschicht vermieden wird und für eine Verteilung des Sauerstoffs führt.

In Plockhorst wird auch ein vorbereiteter Vorhang an bereits „vermessener“ Stelle eingebracht, verankert und natürlich mit Bojen in seinem Verlauf markiert.

Die Konzeption und Funktion wird erläutert von Dr. Henning Stilke, Sportfischerverband im Landesfischereiverband Weser-Ems, umgesetzt und erprobt vom Sportfischerverein Wilhelmshaven e.V (Heinz Gräßner, Vorsitzender)

 

Wissenschaftl. Ausführung von Dr. Henning Stilke [Quelle]

Bei der Verfügbarkeit von Sauerstoff in Seen hat die temperaturbedingte Schichtung des Wassers einen entscheidenden Einfluss. Die Schichtung wird hervorgerufen durch die Dichteeigenschaften des Wassers. Wasser hat bei 4 Grad seine höchste Dichte und ist bei dieser Temperatur demnach am schwersten. Durch die Sonne wird das Oberflächenwasser erwärmt, wogegen im Tiefenwasser kältere Temperaturen vorherrschen.

Das Oberflächenwasser (Nährschicht), welches als Epilimnion bezeichnet wird, lagert somit über dem Tiefenwasser (Zehrschicht), dem Hypolimnion. Die beiden Schichten werden durch eine Zwischenschicht getrennt, der sogenannten Sprungschicht (Metalimnion). Es handelt sich hierbei um eine dünne Schicht, die den Übergang zwischen Epilimnion und Hypolimnion bildet. Die stabile Schichtung des Wassers (Stagnation) stellt sich außer im Sommer auch im Winter ein.

In unserer Klimazone wird im Frühjahr und Herbst, hervorgerufen durch den Wind, bei gleichmäßiger Wassertemperatur von etwa 4 Grad, das Wasser durchmischt (Zirkulation). Hierbei kommt es auch zur Umverteilung von Sauerstoff und Nährstoffen. Im Sommer und Winter wird, bedingt durch die Sprungschicht, der Stoffaustausch zwischen dem Oberflächen- und Tiefenwasser verhindert. Demnach wird nicht nur der Wärmetransport, sondern auch der Transport von Sauerstoff in die Tiefe des Sees unterbunden. Da im Tiefenwasser weiterhin der Abbau von Biomasse durch sauerstoffverbrauchende Organismen erfolgt, kommt es durch den fehlenden Nachschub an Sauerstoff aus den oberflächennahen Schichten zur Sauerstoffzehrung im Hypolimnion. Bei Mangel an Sauerstoff unterhalb der Sprungschicht kann die Zersetzung von Biomasse zu einer Rücklösung von Phosphat aus dem Sediment führen, welches folglich dem Ökosystem wieder zur Verfügung steht. Unter der Verfügbarkeit von Sauerstoff (aeroben Bedingungen) würde der Nährstoff in den Boden eingelagert werden. 

Das Ziel ist es, die wärmebedingte Schichtung des Wassers aufzubrechen (künstliche Destratifikation), um den Transport von oberflächennahem, sauerstoffreichem Wasser in die Tiefe zu ermöglichen. Dieses Vorgehen ist weltweit die meist angewandte Technik zur Bekämpfung der Blaualgenproblematik. Im Jahr 2002 empfahlen Prof. Dr. Ing. Jürgen Michele vom Institut für Energie-, Verfahrens- und Umwelttechnik (EVU) der Jade Hochschule in Wilhelmshaven und Dr. Volker Michele in einer Veröffentlichung die Freistrahltechnik zur Bekämpfung der Blaualgenproblematik. Das Wasser eines Sees wird bei dieser Methode mit einer verfahrenstechnisch klassischen Rührtechnik durchmischt, um die Schichtung des Wassers zu beseitigen.

Die Methode stellt eine kostengünstige Möglichkeit dar, mit der die Bildung einer Sprungschicht in einem See verhindert oder verzögert werden kann, damit Sauerstoff in die tieferen Bereiche eines Sees gebracht wird. Die Idee hierfür entwickelte Dr. Michele bei der Beobachtung von Flugdrachen. Er untersuchte dabei die Kräfte, die auf einen Drachen wirken, um diesen fliegen zu lassen. Damit sich ein Flugdrache in die Luft erhebt, wird der Schwung des herannahenden Windes heruntergedreht, wodurch eine aufwärts gerichtete Kraft entsteht. Anstatt einen Flugdrachen in die Höhe zu bringen, entstand die Überlegung, die durch den Wind entstandene Oberflächenströmung in einem See mit Hilfe eines Vorhanges aufzufangen und in die Tiefe zu lenken. Hierdurch soll die natürliche Zirkulation unterstützt werden, um die temperaturbedingte Schichtung im See aufzuheben und den Transport von oberflächennahem sauerstoffreichem Wasser in die Tiefe zu ermöglichen.

Zusammen mit Peter Lücking, ebenfalls vom EVU der Jade Hochschule in Wilhelmshaven, und Jürgen Wilken von der GEW Wilhelmshaven GmbH – Bereich Trinkwasserversorgung entwickelte Dr. Michele eine Möglichkeit, die Idee in die Praxis umzusetzen. Im September 2018 erfolgte die Erprobung im Banter See in Wilhelmshaven.

Für den Versuch verwendeten die Wissenschaftler als Vorhang eine Plane mit den Maßen 10 mal 6 Meter. Um die Plane oben schwimmen zu lassen und somit am Versinken zu hindern, wurde als Schwimmkörper ein geschlossenes Abwasserrohr verwendet, an welches die Plane befestigt wurde. Damit die übrige Plane im See hängt, wurden zur Beschwerung an der unteren Seite der Plane drei Gewichte angebracht. Hierfür wurden Lochziegel verwendet, die eine einfache Befestigung ermöglichen.

Der Praxistest des Vorhanges erfolgte mit seiner Durchführung im September zu spät im Jahr, um die bereits vorhandene Schichtung aufzubrechen. Dennoch zeigte ein Test mit verdünnter fettarmer Milch, die am unteren Ende des Blatts injiziert wurde, dass die nach unten gerichtete Geschwindigkeit der Flüssigkeit in der Mitte des Vorhangs deutlich über der horizontalen Geschwindigkeit der Oberfläche lag.

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